Die Gedanken sind frei - oder?

Ich laufe den Pfad entlang, weiche Erde unter mir. Den Himmel über mir. Zwei, drei flauschige Wolken genießen gemächlich ihr Sein, ein Flugzeug auf der Reise, ein Vogel kreuzt von links. Und wir alle haben in diesem Moment eines gemeinsam: Wir sind frei. Frei, die Welt zu entdecken, zu fliegen, zu sein und frei, diese Gedanken dazu zu haben.

Was sich so alltäglich anfühlt ist als Privileg zu betrachten. Etwas, wofür gesellschaftliche Gruppen gekämpft haben und wofür Menschen auch heute noch kämpfen. Ich profitiere von einer ungeahnt kraftvollen Geschichte. Einer Macht, die größer scheint als alles andere. Für die es sich offensichtlich zu sterben lohnt. Fühlt sich das nicht unglaublich an? Unglaublich, melodramatisch und ein wenig verrückt.

Ich erinnere mich den Satz einer Frau: “Ich möchte kein Geld, keinen Mann, alles, was ich möchte ist, in Freiheit leben, alles andere fügt sich dann.”

Die Dimension von Freiheit hier zu erörtern würde ihrer Bedeutung nicht gerecht werden und ist nicht mein Anspruch. Mir ist es lediglich ein Anliegen, dass die liebe Freiheit weiß, dass ich sie sehe. Ich sehe ihr in die Augen und lächle. Ich schenke ihr die Beachtung, die sie verdient, scheint sie doch oft introvertiert im Hintergrund zu beobachten, wohlwissend ihres Wertes. Wenngleich sie doch ab und zu den Kopf schüttelt, sich eine Strähne aus dem Gesicht streicht, süffisant lächelt.

Sie weiß, sie ist die kraftvollste aller Mächte der Natur. Wenn sie in Erscheinung tritt, erstrahlt sie die Welt.

Wenn man sie nicht zu schätzen weiß, geht sie.


No, don’t go. Ich weiß dich doch erst jetzt, wo du weg bist, was du mir bedeutest hast.

Freiheit - die Kraft, die dir eine Stimme auf der nächsten Demonstration gibt.

Freiheit - das Privileg, deine Traurigkeit herauslassen zu können. Fließen zu lassen, durch dich hindurch. Um dich zu säubern, zu heilen.

Freiheit - zu tun, wonach dir der Sinn steht.

Freiheit - zu fühlen, jegliche Emotionen zu erleben.

Freiheit - zu lieben, dich für die Liebe zu entscheiden.

Du hast eine Stimme. Wofür wirst du sie nutzen?

Ich bin frei und doch nicht frei, das Leben zu leben, was ich mir wünsche. Wer fühlt sich nicht manchmal in sich selbst gefangen?

“Doch, du bist frei, entscheide dich dafür!” flüstert eine Stimme in mir. Und als nächstes: der freie Fall. Du fällst tiefer, tiefer und du glaubst ohnmächtig zu werden. Doch es hört noch nicht auf, es geht noch tiefer. Das Adrenalin kickt, hält dich am Leben, doch auch deine Adrenalin-Ressourcen sind begrenzt. Und wenn du denkst, du hast doch gleich den Boden erreicht, musst du noch ein Stück tiefer fallen. Leer. Frei von allem. Denn nur von dort unten kannst du die Welt aus einem anderen Blickwinkel betrachten - und wieder aufsteigen.

Wehre dich nicht, genieße die Freiheit zu fallen.

Und egal, ob du singst, schreist, weinst, flüsterst, schweigst, die Welt bereist oder auf der nächsten Demonstration deine Stimme erhebst. Höre nie auf für Freiheit zu kämpfen.

Der Vogel zieht seiner Wege, das Flugzeug reist weiter, die dicke der beiden Wolken seufzt und ich? Ich sehe zu, wie dieser Moment dieser Zusammenkunft, der Moment meiner Gedanken zerrinnt, er fließt dahin, die Wogen glitzern in der Sonne.

Ich sehe der Freiheit in die Augen, ich lächle und fühle mich erfüllt. Danke, dass du da bist, flüstere ich. Denn alles andere fügt sich.

FreedomDesiree Blasberg